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Nominiert: Globale Lerngärten – neue Methoden für das globale Lernen

Ein Bohnenautomat zur Bedeutung der Biodiversität auf einem Urban-Gardening-Gelände oder ein Grassofa, das inmitten städtischen Betons nach dem „guten Leben“ fragt? Solche Vorhaben stehen im Mittelpunkt dieses Projekts, das in öffentlichen Gärten, Parks und Gartenschauen innovative Installationen zu globalen Themen platziert. Nach dem Konzept des „Casual Learnings“ werden schnell erfassbare und unterhaltsame Informationen an Alltagsorten in Niedersachsen, Baden-Württemberg und Berlin so verpackt, dass sie Vorbeigehende ganz nebenbei über aktuelle Herausforderungen und individuelle Handlungsmöglichkeiten in einer nachhaltigen Gesellschaft informieren. Projektpartner ist finep – forum für internationale entwicklung + planung aus Esslingen.

Beschreibung der Aktivitäten

Herzstück des Projektes sind 12 konzipierte, produzierte und getestete Outdoor-Installationen. Sie alle sind methodisch ähnlich als „grüne Stolperstein“ ausgerichtet, unterscheiden sich aber in der inhaltlichen Aufbereitung globaler Zusammenhänge, in Detailtiefe und Beschäftigungsmöglichkeit, um in dieser Hinsicht größtmöglich zu experimentieren. Den Zielgruppen werden die Botschaften zu Umwelt, Entwicklung und globale Gerechtigkeit möglichst spielerisch vermittelt, die globalen Bezüge zum eigenen Leben sind konkret, ohne zu moralisieren. Um den Nutzer_innen über die knapp angebotenen und „erlebten“ Informationen weiterführende Handlungsoptionen für den Alltag anzubieten, gibt es zu jeder Installation thematisch passende Materialien, die offline als die Thematik zusammenfassende Postkarten o.ä. in wasserdichten Behältnissen oder online als Hintergrundinfos und Link-Listen zur Verfügung gestellt werden.

Folgend einige Beispiele:

An Gemeinschafts- und Schaugarten-Standorten dienen vor allem Gartenthemen und individuelle Konsumgewohnheiten als Anknüpfungspunkte: Auf dem Gelände einer Urban-Gardening-Initiative im Stadtrandbereich Osnabrücks wirbt der Bohnenautomat für die Pflege lokaler und globaler Sortenvielfalt. Als kleiner Holzunterstand hält er in seinem Inneren verschiedene Materialien zum Entdecken rund um kleinbäuerliche Landwirtschaft, indigene Anbaupraktiken, hiesiges Gärtnern, Fleischkonsum sowie Regionalität und Saisonalität von Gemüse und Co. bereit, darunter drei umfunktionierte Nussspender. Diese geben für 20 Cent eine Handvoll bunter Bohnen in unterschiedlicher Mischung frei. Dazu gibt es Bohnenrezepte und Wissenskärtchen im Visitenkartenformat zum Mitnehmen. Die Heilpflanzenwelt in einer weitläufigen Schlossgartenanlage im Osnabrücker Land klärt über die Bedeutung heilender Substanzen aus der Natur und dem damit verbundenen traditionellen Wissen auf. Unter einem bestimmten Motto (heimische Hausapotheke, faire Nutzung etc.) und vor einer großformatigen Wand-Weltkarte gibt es fünf bunte Hochbeete, die die einzelnen Kontinente symbolisieren und geographisch passend mit bekannten und eher exotischen Arten bepflanzt sind.

In Grünanlagen und auf Naherholungsflächen setzen wir auf eine künstlerische Ansprache oder nutzen vorhandene Strukturen: So thematisieren die Steine der Nachhaltigkeit im Garten des Klinikums Esslingen über eine Glühbirnen-, eine Plastiktüten- und eine Autoreifen-Skulptur das Thema Ressourcennutzung am Beispiel Mobilität, Energienutzung und Plastik. Alle Motive sind einfach zu erkennen, werden ergänzt durch eine Infotafel, haben sowohl einen Bezug zum Klinikum als auch zum Alltag der Betrachtenden, und inspirieren zu entsprechendem Handeln (Elektromobilität, Recycling etc.). Im Umkreis der Esslinger Katharinenlinde, einem beliebten Ausflugsziel, wurden fünf der vorhandenen Ruhebänke durch Informationstafeln an den Lehnen und an der Seite zu Lernbänken umgestaltet. Sie zeigen verschiedene Aspekte der globalen Landwirtschaft, darunter Flächen- und Wassernutzung, Lebensmittelverschwendung sowie Landraub und stellen den Bezug zwischen Standort und Inhalt der jeweiligen Bank deutlich her.

Auch für Gartenschauen und ihre breite Zielgruppe gibt es zwei Konzepte: So bringt der Gemüsegarten für die Hosentasche auf der Gartenschau Bad Herrenalb den Besuchenden die globale Bedeutung kleinbäuerlicher Landwirtschaft nahe. Dazu stehen in einem informativen Hochbeet kleine Schachteln mit Gemüsesamen zur Mitnahme bereit, um das Thema auch Zuhause wieder ins Gedächtnis zu rufen. Auf der Internationalen Gartenschau (IGA) in Berlin steht hingegen der oft nur mit Füßen getretene Boden im Mittelpunkt. Die ausklappbare Bodenstation macht die mit dem Boden verbundenen Herausforderungen Erosion, Versiegelung und Fruchtbarkeit anschaulich über Aktionen und Modelle erfahrbar. Eine Kiste mit dem „indigenen Wunderkompost“ Terra Preta zum Mitnehmen lädt dazu ein, selbst für den Bodenschutz aktiv zu werden.

Inwieweit und wodurch konnten gesellschaftliche Gruppen oder Akteure neu für dieses Thema gewonnen oder einbezogen werden?

Die Vernetzung mit verschiedensten Gartenakteuren sowie die Ansprache nicht klassischer Zielgruppen sind ein wichtiges Projektanliegen. Lokal etablierte Gemeinschafts- und Museumsgärten sowie relevante städtische Vertreter waren von Anfang an nicht nur Mitdenker und Experimentierstandorte, sondern sind für die Projektlaufzeit und darüber hinaus Multiplikatoren für die neuartige Vermittlung globaler Inhalte. Sie können die Installationen weiternutzen und fortentwickeln. Da sich das Projekt durch seine bewusst niedriegschwellige Ansprache schließlich auch an den Garten(schau)-besuchenden „Otto Normalverbraucher“ richtet, spricht es eine sonst in der Bildung für nachhaltige Entwicklung eher vernachlässigte Zielgruppe an. Eben die graue Masse, darunter Bevölkerungsgruppen, die nicht zu klassischen Bildungsveranstaltungen gehen würden oder solche, die durch schlechteren Bildungs- oder Sprachvoraussetzungen über den praktischen Zugang gärtnerischen Tuns leichter angesprochen werden können.

Inwieweit und wodurch ist es gelungen eine öffentliche Wahrnehmung für das Thema zu erreichen?

Die Installationen stehen auf öffentlich zugänglichen Flächen und verzeichnen je nach Bedeutung und Lage des Standortes (an einzelnen Tagen) bis zu mehrere 1000 Besucher am Tag. Durch die gleichzeitigen Aktionszentren Osnabrück und Umland sowie Esslingen und Umland sowie den temporären Außenposten Berlin ist die Wahrnehmung überregional. Auch werden einzelne Installationen zusätzlich in das Besucher- und Führungsprogramm der kooperierenden Institutionen (wie dem Osnabrücker Naturkundemuseum) eingebunden, also nicht nur zufällig, sondern auch aktiv besucht. Darüber hinaus sind die Installationen auch immer wieder im Fokus der Presse (Zeitung, Radio, Internet). Durch diverse Tagungsauftritte, eine laufend aktualisierte Projektwebsite sowie eine Broschüre und zwei bundesweite Multiplikatoren-Workshops (Herbst 2017) werden Vorgehensweise und Lernerfahrungen auch für Laien anschaulich aufbereitet und potentiell interessierten Akteuren und Initiativen zur Nachahmung schmackhaft gemacht.

Wie sollen die Aktivitäten in Zukunft weitergeführt werden?

Da die Kooperationspartner mehrheitlich lokale Initiativen sind und die einzelnen Installationen auf ihren Flächen meist fest installiert wurden, werden die Outdoor-Tools bei entsprechender Pflege auch über die Projektdauer hinaus Bestand haben und Interesse wecken. Kleinere oder mobilere Konstruktionen können darüber hinaus den Standort wechseln. So wie die Bodenstation, die von der IGA Berlin zur LGS nach Bad Iburg (Landkreis Osnabrück) umziehen könnte. Zudem war das Projekt von vornherein ein Pilotprojekt – die Nachahmung und Weiterentwicklung der exemplarisch entwickelten Installationen durch andere Garteninitiativen und Institutionen ist ausdrücklich erwünscht, die Konstruktionskosten der entstandenen Ideen wurden mit rund 3000€ dafür in einem noch machbaren Bereich gehalten. Herleitung und Vorgehensweise sowie Tipps, Tricks und Lernerfahrungen sind bis Dezember 2017 (Projektende) für alle Installationen auf der Projektwebsite detailliert beschrieben und weiterhin zugänglich.

Ergänzende Bemerkungen

Die oben umrissenen Installationen werden durch weitere Sechs ergänzt, diese thematisieren als Grünes Sofa, Holz-Litfaßsäule, Algenbioreaktor, globaler Aussichtspunkt, Pflanzentafel und Tomaten-Memory weitere Handlungsoptionen rund um Suffizienz, grüne Zukunftsenergien, Elektromüll, Fairtrade und Saatguttausch. Die Entwicklung und Erprobung aller Installationen wird umrahmt von der Multiplikation des Projektansatzes, da das Nachmachen der Ideen ausdrücklich erwünscht ist.

Weiterführende Informationen