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FARCAP gGmbH: azadi – Mode für Freiheit – eine Multi Stakeholder Initiative für ökofaire Kleidung

Das Fürther Gemeinwohlunternehmen FARCAP erhält für sein Fashionlabel azadi den Deutschen lokalen Nachhaltigkeitspreis „ZeitzeicheN“ in der Kategorie Internationale Partnerschaften.

Zusammenfassung

Azadi wurde 2015 als öko-fairer Modelabel gegründet. Die 1. Kollektion kam im Frühjahr 2016 an den Markt. Die Kollektion wird in Delhi /Indien von jungen Frauen produziert, die als Opfer von Zwangsprostitution in Schneiderei ausgebildet wurden. Im 1. Jahr konnten 7 junge Frauen in Vollzeit beschäftigt werden. Der Vertrieb wird vom Gemeinwohlunternehmen FARCAP gGmbH abgewickelt. Ein weiterer Kooperationspartner fand sich in den Modeschulen Nürnberg, die nun die Arbeit an azadi seit 2016 regelmäßig in ihren Lehrplan aufgenommen haben. Somit werden zukünftige Entscheidungsträger in der Modebranche schon in der Ausbildung sensibilisiert für faire Handelswege in der Textilbranche. Mit einer Modeschule in Südindien wird ein Austausch vorbereitet.

Beschreibung der Aktivitäten

Azadi ist ein Zusammenschluss von Partnern denen es wichtig ist, dass Mode nicht nur gut aussehen soll sondern auch mit gutem Gewissen gekauft werden kann. azadi ist das Hindi Wort für Freiheit und diese Freiheit möchten wir Menschen geben, die einmal ganz unfrei waren, denn die Produzentinnen – junge Frauen, die aus Zwangsprostitution befreit wurden- erleben zum ersten Mal Eigenständigkeit und ein selbstbestimmtes Leben. Wir arbeiten hier mit der indischen Menschenrechtsorganisation STOP (Stop Trafficking and Oppression of Children and Women) in Delhi zusammen. STOP arbeitet in folgenden Bereichen: Aktiver Kampf gegen Kinderhandel durch Befreiung minderjähriger Mädchen aus Bordellen – Aufnahme und Betreuung befreiter Mädchen im Family Home „Aashray“ – juristische Unterstützung der Betroffenen in Prozessen – Resozialisierung der Betroffenen, nach Möglichkeit in ihre Heimatgebiete – Präventions- und Bildungsprojekte in Slumgebieten Delhis – Netzwerkarbeit mit anderen NGOs, Öffentlichkeitsarbeit, Schulung der Polizei. Um finanziell unabhängiger zu werden gründete STOP mit logistischer und finanzieller Hilfe des deutschen Förderkreises („STOP-Freundeskreis“) und FARCAP – faire Moden gGmbH ihre eigene Firma („Thousand Dreams“) – die seit dem Herbst 2015 Textilien nach fairen und ökologischen Aspekten herstellt – hier befindet sich unsere Werkstatt, in der azadi hergestellt wird. War dies unsere erste Zielsetzung – eine weitergehende finanzielle Unabhängigkeit von STOP von Spenden – hat sich mit der Erweiterung der Partnerschaft mit den Modeschulen eine ganz neue Perspektive aufgetan: die Sensiblisierung junger Menschen für Fragen der Nachhaltigkeit in der Textilbranche. Die Modeschulen Nürnberg haben azadi seit 2016 in ihr jährliches Curriculum aufgenommen. Jedes Jahr sollen die angehenden Modeschüler/innen neue Designs kreieren. Dies bedeutet, dass sie von der Idee über Fragen, wie diese Idee auch praktisch umgesetzt werden kann bis zur Fertigstellung (incl. Schnitterstellung und Nähen eines Prototypes) an den Kollektionen, die zur Marktreife gelangen sollen, beteiligt sind. Hierbei fließen die Aspekte der Nachhaltigkeit ganz selbstverständlich mit ein. Zudem ist es für die jungen Menschen natürlich etwas ganz Besonderes, wenn sie ihr Kleidungsstück einmal später in einem Laden hängen sehen! Als erstes Ergebnis dieser Kooperation ging eine Absolventin der Modeschulen Nürnberg 2016 für 3 Monate nach Delhi in die Schneiderwerkstatt und leistete sehr gute Arbeit. Sie war nicht nur wichtige Kontaktperson zwischen Deutschland und Indien sondern konnte ihr Wissen auch an die jungen – angehenden Schneiderinnen aus Indien weitergeben. Aufgrund dieser Erfahrungen hat sie ein Studium in nachhaltiges Produktmanagement begonnen. Die nächsten Volontärinnen werden Ende 2017 nach Indien reisen und mitarbeiten. Zum weiteren Projektpartner – die Modeschulen NIFT-TEA in Tirupur, Südindien sind wir mehr zufällig über unseren Stofflieferanten gekommen. Auch in dieser Modeschule beteiligen sich junge Inder/innen am Projekt, indem auch sie Designs und ideen für künftige Kleidungsstücke einfließen lassen, also findet auch hier praktisches Lernen am Objekt statt. Die Modeschulen Nürnberg und Indien sind dabei, einen Austausch zu begründen. Die ersten 6 Studenten/innen aus Indien waren im Frühjahr 2017 in den Modeschulen Nürnberg zu Gast – je nach Förderungsmöglichkeiten sollen im Frühjahr 2018 der Gegenbesuch stattfinden. Somit werden die Schulen ihren Auftrag gerecht, in einer zunehmend globalisierten Welt ihren Studenten/innen gute Ausbildungsbedingungen zu schaffen. Über alle diese Gedanken hinweg steht für uns jedoch die Maxim: es muss möglich sein, qualitativ hochwertige Kleidung unter Wahrung von Aspekten der Ökologie und fairen Arbeitsbedingungen herzustellen und zu vermarkten. Mit viel Idealismus (sämtliche Arbeitszeit im Projekt wird ehrenamtlich geleistet) hoffen wir, diesen Beweis antreten zu können.

Inwieweit und wodurch konnten gesellschaftliche Gruppen oder Akteure neu für dieses Thema gewonnen oder einbezogen werden?

Unsere Kooperation umfasst momentan 6 Partner – den Textilladen FARCAP gGmbH, den STOP Freundeskreis e.V., die Modeschulen Nürnberg, die Modeschule NIFT-TEA in Tirupur, Südindien und den Textilunternehmer Mohan Kumar/Tirupur. Alle zusammen arbeiten daran, dass azadi marktfähig wird. Eine ausführl. Beschreibung der Art der Zusammenarbeit wurde oben genannt. Die Akteuere /Verantwortlichen tauschen sich regelmäßig zum Projekt aus. Derzeit wird ein Förderantrag bei Erasmus + gestellt, um eine Finanzierungsgrundlage zum Austausch von deutschen Schüler/innen nach Indien zu finanzieren. Diese sollen nicht nur in die erstklassigen praktischen Ausbildungsmöglichkeiten in Südindien hineinschnuppern können, sondern auch Gleichaltrigen Näherinnen in Delhi Fertigkeiten vermitteln, um weiter marktfähig zu bleiben. Lehrkräfte der Modeschulen bereisten bereits 2x sowohl Manufaktur in Delhi als auch die Modeschule in Tirupur, regelmäßige Produzentenreisen werden von Gesch.führerinnen durchgeführt.

Inwieweit und wodurch ist es gelungen eine öffentliche Wahrnehmung für das Thema zu erreichen?

azadi wurde als best practice Beispiel anlässlich der Nürnberger Menschenrechtspreisverleihung 2015 an Amirul Haque Amin hervorgehoben. Es gab Interaktionen der Modeschule mit o.g. Preisträger und einige Presseberichte zu diesem Thema. FARCAP ist mit der Kollektion auf der Fair-Handels-Messe und auf der Messe für nachhaltige Textilien präsent. Hier sind regelmäßig Pressevertreter, die auch über unsere Arbeit und unser Netzwerk berichten. Ferner wird Elke Klemenz, Gesch.führerin von FARCAP und Bildungsreferentin von FEMNET regelmäßig als Sachverständige zu Fragen nachhaltige Textilherstellung, Siegel, Ökologie zu öffentlichen Diskussionen aber auch in Mode(hoch-)schulen eingeladen.

Links: http://www.nordbayern.de/region/nuernberg/faire-mode- erdacht-in-nurnberg-1.4671773?searched=true http://www.nordbayern.de/region/nuernberg/ mode-die-frauen-die-freiheit-bringt-1.4374994?searched=true 2016 erhielten wir für das Projekt azadi den 2. Platz des Eine Welt Netzwerks Bayern

Wie sollen die Aktivitäten in Zukunft weitergeführt werden?

Wir möchten unsere Produktionseinheit in Indien erweitern, um somit mehr Menschen die Chance auf eine gerechte Entlohnung zu geben. Die NGO STOP in Delhi, die seit 20 Jahren Armutsbekämpfung in Slums der Hauptstadt betreibt hat nicht nur das Sozialunternehmen Thousand Dreams gegründet, das azadi herstellt – sondern möchte in den nächsten Jahren weitere Schneider/innen heranbilden. Das Reservoir an arbeitslosen Menschen, insbes. Frauen in den Slums ist nahezu unendlich! Langfristig will STOP im inländischen Markt Fuss fassen. Vorbereitungen sind hierfür mit Hilfe einer professionellen, auf Sozialunternehmen spezialisierten Beratungsgesellschaft in Indien schon im Gange. Unserer Meinung nach ist dies auch unerlässlich, um eine Stabilität in der Beschäftigung der beteiligten Personen zu erreichen. Ferner streben wir an, dass der Austausch zwischen den Modeschulen auf eine solide Basis gestellt wird. Auch hierfür werden Anträge beim Programm Erasmus + gestellt.

weiterführende Informationen