Preisträger: Weltfriedensdienst e.V.
Projekt: Kleinbäuerliche Selbsthilfe-Initiative TSURO in Simbabwe
Angaben zum Projekt
Die kleinbäuerliche Selbsthilfe-Initiative TSURO in Simbabwe setzt mit Unterstützung des Weltfriedensdienst ein Projekt zur regenerierenden Landnutzung um. Zur Anpassung an Klimawandel und Erhöhung der Ernährungssouveränität von 30.000 Menschen werden innovative agrarökologische Praktiken für Ackerbau- und Viehhaltung sowie zur Rehabilitierung und Schutz von ökologisch sensiblen Gebieten eingesetzt. Im Zentrum stehen Selbstermächtigung und Ownership der NutzerInnen der natürlichen Ressourcen.
Beschreibung der Aktivitäten: Warum setzt das Projekt ein ZeitzeicheN für nachhaltige Entwicklung?
Ist heute einer von sechs Menschen von Wasserknappheit betroffen,
gehen die UN nach neuesten Schätzungen davon aus, dass zur
Jahrhundertmitte jeder zweite Mensch bedroht sein wird.
Unverhältnismäßig stark treffen wird der Wassermangel demnach
wirtschaftlich benachteiligte und marginalisierte Menschen. Es sei denn,
es gelingt, den Druck auf die globalen Wasserressourcen zu verringern
und die Degradation der natürlichen Umwelt aufzuhalten.
Eine wichtige Rolle können dabei Projekte wie dieses zum Schutz und zur
Wiederherstellung von wasserbezogenen Ökosystemen spielen. Zentral ist
dabei das gemeinschaftliche Management der natürlichen Ressourcen durch
die von ihnen abhängigen Menschen.
Dafür wurden im ganzen Projektgebiet Klimawandel-Aktionsgruppen
gegründet. Die Mitglieder werden von ihren Dorfgemeinschaften
demokratisch gewählt. Sie haben das Mandat, konkrete
Umweltschutzaktivitäten zu planen und mit der Gemeinde umzusetzen. Dafür
erhalten sie von TSURO entsprechende Trainings und werden intensiv
begleitet. Um z.B. ausgetrocknete Wasserquellen zu rehabilitieren,
wurden ihre wichtigsten Einzugsbiete von den Anwohnergemeinden kartiert,
mögliche Ursachen für die Austrocknung und Maßnahmen zur
Wiederherstellung identifiziert. Darauf aufbauend wurden Aktionspläne
erstellt und mit der Umsetzung begonnen, z.B. Aufforstungen und die
Wiederherstellung von Erosionsrinnen.
Für den Kampf gegen Überweidung und ihre Folgen wurde in mehreren
Pilotregionen ein ganzheitliches und gemeinschaftliches System des
Weidemanagements eingeführt. ViehbesitzerInnen legten ihre Rinder zu
einer kollektiven Herde zusammen, ein drastischer Bruch mit
traditionellen Gewohnheiten. Nach einem festen Rotationsprinzip werden
die Tiere von einem Weidegebiet zum nächsten geführt. Ist das Gras in
einem Abschnitt abgeweidet, bekommt es so viel Zeit wie nötig, um
nachzuwachsen und Samen auszubilden. Erst dann dürfen die Tiere wieder
zurückkehren. Bereits wenige Jahre nach der Einführung schützt eine
dichtere Pflanzendecke in den Pilotregionen wieder den Boden vor
Austrocknung. Regenwasser kann wieder versickern und die Tiere finden
ausreichend und höherwertiges Futter. Zwei kleine Flüsse, die noch 2012
trocken waren, führten trotz vorangegangener dreijähriger Dürre im
ganzen Jahr 2016 durchgehend Wasser. 15 verschwundene Pflanzenarten sind
wieder aufgetaucht und Insekten- und Wildtierbestände haben sich
erholt. Die Rinder sind so vom Problem für das Land und seinen
Wasserhaushalt zu Landschaftspflegern geworden. Ein Jahrmillionen altes
ökologisches Gleichgewicht von Grasland und wandernden Herden von
Grasfressern wird so wieder hergestellt. Es lohnt sich genau
hinzuschauen, was hier gelungen ist, denn der Boden unter dem globalen
Grasland speichert größere Mengen atmosphärischen Kohlenstoffs als alle
Wälder der Erde zusammen.
Auf Basis dieser Erfahrungen hat TSURO erfolgreich die Entwicklung
lokaler politischen Strategien und Gesetzgebung zur Anpassung an den
Klimawandel angestoßen.
Wie konnten gesellschaftliche Gruppen oder Akteure neu für das Projekt gewonnen oder darin einbezogen werden?
Lokale kleinbäuerliche Lern- und Experimentiergruppen werden
gefördert, dezentrale Entwicklungs- und Ressourcenschutzprojekte selbst
zu planen und durchzuführen. Wichtige Akteure, wie Lokalregierung,
traditionelle Führer und Zivilgesellschaft werden aktiv in die Arbeit
einbezogen und in ihrer Funktion wertgeschätzt. Jahre der Zusammenarbeit
haben bei den Beteiligten eine Haltung des Ausgleichs, kreatives
Denken, effektive Kommunikation und Fähigkeiten geschult, Konflikte
konstruktiv zu lösen.
Wie ist es gelungen eine öffentliche Wahrnehmung für das Projekt zu erreichen?
Die inklusive Arbeitsweise entlang von Gemeinsamkeiten führt zu
einer breiten Mitwirkung am Projekt und zum Teilen von Wissen und
Erfahrungen von Dorfebene bis zur politischen Verwaltung. Dies führte
zur partizipativen Entwicklung und Verabschiedung der ersten
Distriktgesetzgebung zur Klimawandelanpassung im Land. Die Projektregion
wurde auf dieser Basis als einer von drei Pilotdistrikten in Simbabwe
für die Umsetzung einer nationalen Strategie zur Klimawandelanpassung
ausgewählt.
Wie sollen die Aktivitäten in Zukunft weitergeführt werden?
Das nachhaltige Weidemanagement wird auf alle Weideflächen des Distriktes ausgedehnt. Zur Erschließung von Einkommensquellen werden dezentraler Erzeugung, Weiterverarbeitung und Vermarktung vielfältiger bäuerlicher Produkte (z.B. Vieh, Honig, frei bestäubbare lokale Saatgutsorten) gefördert. Die Anstrengungen zur Rehabilitierung von Wassereinzugsgebieten werden verstärkt. Nach den verheerenden Folgen von Wirbelsturm Idai im März sind hier aktuell Bewusstsein und politische Unterstützung hoch.
Link zu weiterführenden Informationen
https://wfd.de/thema/simbabwe-gemeinschaftlicher-ressourcenschutz-ernaehrungssouveraenitaet